Prozessführung in Spanien: Der Procurador
- info462063
- 1. März
- 3 Min. Lesezeit
Viele deutsche Mandanten sind überrascht, wenn sie erfahren, dass in spanischen Zivilprozessen mit einem Streitwert über 2.000 Euro nicht nur ein Anwalt, sondern auch ein Procurador (Prozessbevollmächtigter) erforderlich ist – und somit auch vergütet werden muss.
Während es in Deutschland selbstverständlich ist, dass ein Anwalt seinen Mandanten vor Gericht vertritt, ist die Situation in Spanien anders: Ein Zivilgericht erteilt keine Auskünfte zum Verfahrensstand und gewährt keine Akteneinsicht, wenn nicht sowohl der Anwalt als auch der Procurador eine "personación" vorgenommen haben. Dies bedeutet, dass eine notarielle Vollmacht für beide vorliegen und formell in das Verfahren eingeführt werden muss.
Bis vor kurzem war es möglich, die Klage einzureichen und anschließend beim Gerichtstermin eine kostenlose Vollmacht für Anwalt und Procurador zu erteilen. Mit Inkrafttreten des Königlichen Dekrets 6/2023 am 20. März 2024 hat sich dies geändert. Nun kann die Vollmacht auch elektronisch übermittelt werden, wofür jedoch ein "Certificado Digital" benötigt wird – ein Dokument, das die meisten Deutschen in Spanien nicht besitzen. Wer in Spanien klagen will, muss also vorab eine notarielle Prozessvollmacht erteilen. Erfolgt dies bei einem spanischen Notar, kostet es rund 120 Euro. Bei einem deutschen Notar ist eine beglaubigte Übersetzung und Apostillierung erforderlich, was den Prozess aufwendiger macht.
Der Procurador: Geschichte und Funktion
Die Figur des Procurador geht auf das römische Recht zurück. Seit der Einführung des ersten formellen römischen Prozesssystems war eine Prozessvertretung zulässig. Ähnlich ist im deutschen Handelsrecht der Begriff Prokurist gebräuchlich – eine Person mit umfassender Vertretungsmacht für ein Unternehmen.
Laut der Real Academia Española (RAE) ist ein Procurador eine Person mit juristischem Abschluss, die eine Partei vor Gericht vertritt. Dabei geht es nicht nur um eine rein formale Vertretung, sondern auch um fachliche Unterstützung des Anwalts und Beratung des Mandanten. Allerdings kann eine Sprachbarriere zwischen deutschen Mandanten und spanischen Procuradores die Kommunikation erschweren.
Die Hauptaufgabe des Procurador besteht darin, als
Zustellungsbevollmächtigter zu fungieren und alle Schriftsätze beim Gericht einzureichen. In der Praxis kommuniziert der Anwalt mit dem Mandanten und übersendet die Dokumente an den Procurador, der sie dann über Lexnet (das spanische Justizportal) einreicht. Der gesamte Austausch mit den Gerichten erfolgt ausschließlich elektronisch, da es in Spanien seit mehr als zehn Jahren keine Papierakten mehr gibt.
Die Rolle des Procurador in der Praxis
Einige deutsche Anwälte betrachten den Procurador als reinen Boten, doch seine Aufgaben gehen weit darüber hinaus. Man kann ihn mit Sancho Pansa, dem treuen Begleiter von Don Quijote, vergleichen – wobei offenbleibt, wer in diesem Duo der eine oder der andere ist.
Ein Vorteil des Procurador ist, dass die Prozessvertretung auch bei Tod des Anwalts bestehen bleibt. Zudem bietet seine Beteiligung eine zusätzliche Absicherung bei Haftungsfragen und Fristen.
Da Procuradores einen großen Teil ihrer Arbeitszeit bei Gericht verbringen, verfügen sie über wertvolle Kenntnisse der Verfahrenspraxis. Sie kennen die Gutachter, Beamten und Richter und haben langjährige Erfahrung in den Bereichen Vollmachten, Fristen, Vollstreckungsverfahren, Beweisaufnahme und Versteigerungen. Auf Mallorca kann mir mein Procurador beispielsweise genau sagen, welcher Richter in welchem Gericht sitzt und wie er sich in bestimmten Situationen verhält. Da es richterliche Ermessensspielräume gibt, kann es entscheidend sein zu wissen, ob ein Richter die Schlussfolgerungen am Ende oder bereits zu Beginn der mündlichen Verhandlung erwartet.

Kosten und Zukunft der Procurador-Funktion
Die Gebühren des Procurador fallen in jeder Verfahrensphase an, auch in Einspruchs-, Berufungs- und Vollstreckungsverfahren. Die Königliche Verordnung 434/2024 hat die Gebühren zuletzt neu geregelt. Es wurden Höchstbeträge festgelegt, und es ist untersagt, Mindestbeträge zu vereinbaren.
Zwar mag die Rolle des Procurador in Zeiten digitaler Kommunikation anachronistisch erscheinen, doch für Anwälte, insbesondere Berufsanfänger, bleibt sie eine große Hilfe. Ein erfahrener Prozessvertreter, der die Gerichte in- und auswendig kennt, ist oft ein entscheidender Vorteil in der spanischen Prozessführung.
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